Der Frieden Trügt

Ich war im April/Mai diesen Jahres für einen Monat für eine kleine NGO, der NoBorder Kitchen im Einsatz auf Lesbos. Das fotografische Ergebnis dieses Aufenthalts mündete in die Bildserie 'der Frieden Trügt'. Die sieben Panoramen zeigen Orte, die in engem Zusammenhang mit der Flüchtlingsbewegung auf und über diese Insel stehen. Einige davon werden nicht offen kommuniziert, andere fanden sich schon oft in der Medienberichterstattung wieder. Allen Panoramen ist gemein, das sie abbilden, wie sich das Offensichtliche in der Landschaft der Ferieninsel verbirgt.

Grabstein auf einem Gräberfeld auf Lesbos

Gräberfeld auf Lesbos

Mit der Flüchtlingswelle in 2015 verdichtete sich das Problem das es auf der Insel keine ausreichende Gräberflächen gibt. Eine Insel mit 30.000, mehrheitlich orthodoxen, Einwohnern hat eben auch nur Friedhofskapazitäten für 30.000 Menschen. Die Menge an auf der Flucht Ertrunkenen und an Erschöpfung Gestorbenen lastete die Kühlkapazität auf Lesbos derartig aus, das das Stromnetz zu kollabieren drohte. Aus privater Initiative wurden Äcker angekauft um dort die Menschen gemäß des muslimischen Ritus in Würde zu beerdigen. Nun sind die Gabfelder ein Politikum - ihre Existenz und Position wird geheim gehalten - teils aus Furcht vor Grabschändung durch faschistische Kräfte, teils, weil sie der Beweis des Versagens einer überforderten Verwaltung sind. AKtuell bemüht man sich darum, die Felder nachträglich als Friedhöfe zuzulassen.

Die Müllhalde der Schwimmwesten

Bootswracks, die an der Nordküste von Lesbos angespült wurden

Während in den Jahren davor nur wenige Schiffe mit Flüchtlingen pro Woche an der Küste von Lesbos anlandeten, erreichte die Fluchtbewegung in 2015 eine Höhepunkt: pro Stunde betraten ca. 200 bis 300 Menschen die Strände im Norden der Insel, wo der Abstand zur Türkei nur 3,5 Kilometer beträgt. Innerhalb einer Woche hatte sich die Bevölkerung der Insel verdoppelt - in 2015 sollten über eine Million registrierte Flüchtlinge über die Insel gehen. Die Mensch legte bei Betreten des Strands ihre Schwimmwesten ab, die sich schnell hoch auftürmen sollten. Man beschloss, eine in der Nähe liegende, geschlossene Müllkippe für diesen Plastikmüll zu nutzen. Zu Spitzenzeiten türmten sich dort zwei, ca. 200 Meter lange und acht bis zehn Meter hohe Berge aus Schwimmwesten auf. Sie werden schrittweise in der Müllverbrennung verbrannt. Private Hilfsorganisationen arbeiten sie auch zu Taschen um - über deren Verkauf wird die Flüchtlingsarbeit teilweise refinanziert. Die Schwimmwesten sind nicht erneut benutzbar - zum Grosssteil sind es in der Türkei gefertigte Imitate ohne funktionale Schwimmkörper. Wenn man mit einer solchen Weste ins Meer fällt, saugt sie sich mit Wasser voll und zieht die Person unweigerlich nach unten.

Strandwache am Flughafen Mytilini

Das Bild zeigt das Lagerfeuer einer Strandwache am Flughafen Mytilini. Rechts und links Wohnwagen in denen Wärmedecken und trockene Kleidung lagern und ein beschädigtes Boot. Am Horizont erkennt man die etwa 6 Kilometer entfernte, türkische Küste. Bei Dunkelheit seuern von dort aus die Flüchtlingsboote das Leuchtfeuer des Flughafens an. Die Menschen in den Booten wissen nicht das gegen 24:00 dieses Licht erlischt und sie orientierungslos sein werden. Nachts warten hier Freiwillige neben dem Lagerfeuer auf die Boote und geben so eine Hilfestellung damit sie nicht in die offene See abgetrieben werden.

Altes Hotel

Eine von vielen Ruinen einer ehemals besseren Zeit auf Lesbos - Immobilien wie diese bieten Unterschlupf für jene, die nicht in den Lagern leben wollen oder können.

Tote Vegetation

Entlang dieser Straße hat es letztes Jahr gebrannt. DIe Vegetationsphase endet auf Lesbos Ende Mai. Ab da ist es meist über 40 Grad heiss und staubtrocken. Waldbrände sind dann an der Tagesordnung. Häufig liegt dem Brandstiftung zugrunde. Bewaldete Gebiete dürfen nicht bebaut werden. Wer auf solchem Gebiet Bauen möchte, zündet traditionell den Wald an da nach dem Abbrennen der Vegetation in der Regel eine Baugenehmigung erteilt wird. Inzwischen hat die Wirtschaftskrise solche Bauunternehmungen vereitelt. Leider gelingt inzwischen nicht mehr die Aufforstung. Das Klima ist inzwischen viel zu trocken als das Bäume dauerhaft angehen würden.

mossbewachsene Steine im Gebirge von Lesbos

Lesbos ist eine Destination für Liebhaber von bizarren Steinformationen und Trockenvegetation. Die stark verwitterten Gebirge sind als UNESCO-Weltkulturerbe gelistet. Der 'Urlaubswert' der Insel ist durch die Berichterstattung über die Flüchtlingskrise stark ins Hintertreffen geraten.

Das Leuchten von Mytilini

In er Nacht strahlt die Hauptstadt von Lesbos wie ein Juwel - am Horizont erkennt man das Leuchten der türkischen Küste. Die Stadt ist eine Orientierung beim Weg über das Meer