Samstag, 24.8.24 - zurück Richtung Dortmund

Nach einem entspannten Aufbruch Richtung Heimat gab es nur wenige Meter später ein dämliches Erwachen. Der erst vor vier Tagen eingebaute Controller zickt rum - das Ding erkennt nicht mehr wenn sich die Pedalen drehen. Es gibt also keine Unterstützung mehr beim Pedalieren. Dafür möchte mein Fahrrad von selber weg fahren wenn es steht. Geile Sache - Technik überrascht doch immer wieder!

Bei Ütteroda überprüfe ich noch mal die Verkabelung des Controllers - es könnte schöner nicht sein. Vermutlich hat das Modul bei den Außentemperaturen Probleme mit der Wärmeabfuhr. Ich mache meinen weiteren Weg mit Handgas-Unterstützung. Die Sonneneinstrahlung ist heute enorm und die Temperaturen auch. Ohne den Motor würde ich wahrscheinlich einfach aus dem Sattel kippen.

Landschaftlich schön gelegen kam ich nach einer abartig langen Gefällestrecke bei Creuzburg über die Werra. Direkt an der Brücke über den Fluss liegt eine alte evangelische Kirche und natürlich die Creuzburg.

Insgesamt habe ich heute vier Liter Wasser konsumiert - und offensichtlich alles ausgeschwitzt. Die Gegend ist, wenig überraschend, von deutlicher Hügeligkeit geprägt - eben Frau-Holle-Land! Ich hatte ordentlich in die Pedale zu treten.

Mein Weg endete heute um halb fünf an der alten B7 - sie ist jetzt sich selbst überlassen und zur Hälfte überwachsen. Ganz in der Nähe meines Nachtlagers schreitet die Legalisierung von marihuana anscheinend mit großen Schritten voran.

Das Velostudio habe ich mit dem Rücken zur Sonne abgestellt - so sind die leistungsstärksten Solarzellen optimal ausgerichtet um die Batterien nachzuladen. Wegen der immer noch brennenden Hitze/Sonneneinstrahlung habe ich mir aus den Zusatz-Solarzellen ein Vordach gebastelt um irgendwie im Schatten sitzen zu können - es war nötig!

Eigentlich kein optimaler Ort für eine Übernachtung - denn ich bin zwischen der B7 und der Autobahn eingeklemmt, aber das stört nicht wirklich. Die Strecke an der ich mein Nachtlager aufgeschlagen habe ich recht eng von Radfahrern frequentiert - wir grüßen uns freundlich und mir wurde öfters eine gute Nacht und guten Appetit gewünscht. Nicht, da ich sie vermissen würde, aber eigentlich bekomme ich in solchen Situationen eher misstrauische Blicke geboten.

Kurz vor Mitternacht gab es dann kräftigen Wind und Regen zusammen mit ordentlich Blitz und Donner. Ich habe das erste mal darüber nachgedacht ob ich mich durch das Alublech-Kästchen auch in einem faradayischen Käfig befinde…

Freitag, 23.08.24 - in Eisenach und um Eisenach herum

Eisenach kannte ich aus meiner Vergangenheit eigentlich nur als Grenzstadt zur DDR am Fuße der Wartburg - und seit dem Mauerfall hatte ich sie noch nie besucht. Grund genug, hier einmal vorbei zu schauen. Ich habe mir für eine Stippvisite einen ganzen tag Zeit genommen. Nach dem Frühstück bin ich mit dem Rad in die Stadt gefahren und konnte sofort merken das Hötzelsroda zwar sehr nah bei Eisenach liegt, dafür aber deutlich höher! Die Gefällestrecke in die Stadt ließ mich ahnen, welche Freuden mir auf dem Rückweg bevorstehen würden.

Im Tal angekommen umfing mich das Flair einer alten Stadt mit mittelalterlichem Kern und Stadtvierteln die im Jugendstil und Neoklassizismus gegründet wurden. speziell das Zweite zeugt für eine wirtschaftliche Blüte und Reichtum der Stadt um 1910 herum. Hier gab es eine Autofabrikation und Fahrräder wurden hier auch gebaut. Eisenach besaß einen großen Bahnhof. Es war recht spannend, in der Stadt herum zu laufen und zu sehen wie sich die Bausubstanz in den verschiedenen Vierteln entwickelt hatte. Speziell im Villenviertel muss es in der Nachwendezeit einen Run von Investoren auf die Bausubstanz gegeben haben. Der Renner der Nachwendezeit: Sanierung von schützenswerten Altbauten mit günstiger, staatlicher Förderung - die Gewinne aus Vermietung oder Verkauf hat man sich dann selbst eingestrichen. Mitten in dem Villenviertel liegt ein Hotel, das es mit dem Verkauf an Investoren nicht so viel Glück hatte wie die Umliegenden Häuser. Das Hotel ‚Fürstenhof‘ - um 1900 im neoklassizistischen Stil erbaut fühlte sich offensichtlich mal zu Größerem berufen. Es wurde auch zu Zeiten der DDR als Hotel im Stattsbesitz genutzt und weiter entwickelt. Nach der Wende lief der Kasten durch die Hände eines oder mehrerer Investoren. Allerdings investierten die nichts, sondern ließen das Gebäude langsam aber sicher verfallen. Auch wenn die Stadt beteuerte, das es ihr ein Anliegen sei, den Fürstenhof zu erhalten, ist das anscheinend nichts weiter passiert. Inzwischen sind Teile des alten Gebäudes komplett eingebrochen bzw. die Etagen nach unten durchgesackt - jetzt kann der Laden nur noch abgerissen werden - was anscheinend auch zur Zeit eingeleitet wird. Der Komplex ist als Baustelle abgesperrt und es waren auch Fahrzeuge auf dem Gelände.

Die Innenstadt von Eisenach scheint nicht so sehr unter Leerstand zu leiden wie andere Orte in dieser Gegend. Die Stadt konnte sich ihr Kino erhalten und es gibt dort immer noch eine Autoproduktion, die inzwischen von Opel betrieben wird.

Wartburg war mir natürlich auch wegen des ‚Wartburg‘ bekannt - neben dem Trabant eine der bekannten Fahrzeugmarken der DDR. Es gibt auf dem Gelände der ehemaligen Wartburg-Werke ein Museum das sich der Automobilgeschichte des Standorts widmet.

Hier wurde kurz nach 1900 bereits der Dixie gefertigt - wie damals üblich, noch sehr an eine Kutsche erinnernd. Das Fahrzeug hatte einen Lizenzmotor aus England - der kam von Morris.

In der Weimarer Republik stieg BMW in das Werk ein - es entstanden gute und elegante Fahrzeuge. Mit dem Umstieg auf Kriegproduktion im ‚Drittten Reich‘ entstanden hier weniger glamouröse Fahrzeuge.

Nach der Teilung Deutschlands gab es gerichtliche Auseinandersetzungen mit BMW über die Verwendung des Namens, was dann zur Umbenennung des eisenacher Werks in EMW (Eisenacher Motorenwerke) führte. in den sechziger Jahren tauchte dann der erste Wartburg auf - eine sehenswerte Limousine die mit knapp 40 PS aus einem Dreizylinder Zweitakt Motor zur damaligen Zeit auf der Höhe der technischen Entwicklung stand. Der Motor war vergleichsweise leicht und auch das Fahrzeug selbst war gewichtsparend entwickelt worden. Im Lauf der Zeit gab es Weiterentwicklungen bei der Technik und der Karosserieform, aber der Wartburg teilte ab den siebziger Jahren dasselbe Schicksal das auch der Trabant zu tragen hatte: Obwohl die Ingenieure sich Gedanken um die Weiterentwicklung der Fahrzeuge machten und diese vor Allem auch zu wirtschaftlicheren Fahrzeugen geführt hätte, wurde an der Produktion nichts mehr groß verändert. Die Investitionen in neue Technik für die Produktion und auch ein Joint Venture mit Skoda scheiterte an den finanziellen Engpässen der DDR. Am Ende hieß es: ‚der Wagen ist ist doch gut, so wie er ist!‘ Erst eine Zusammenarbeit mit VW brachte einen Deal, der für die DDR wirtschaftlich zu stemmen war - es wurden Viertakt-Motoren von VW in Lizenz gefertigt. Die nötigen Maschinen gab es von VW gleich mit dabei. Die Investition wurde mit Motoren an VW zurück gezahlt. Allerdings kam diese Entwicklung nicht mehr so recht beim Kunden an. Einerseits war der Wartburg mit Polo-Motor überraschend teurer als die Variante mit Zweitakter. Andererseits war die DDR nur wenige Jahre später Geschichte.

Im Museum kann man einige Fahrzeuge bzw. Prototypen sehen die dieses Stadium nie verließen - es gab halt kein Geld für die nötigen Investitionen. Das Werk produzierte teilweise immer noch mit Maschinen aus der Vorkriegszeit und war von der Stadt so umschlossen war das es nicht weiter expandieren konnte. Der Wartburg wurde an verschiedenen Standorten der DDR produziert und halbfertige Fahrzeuge gondelten kreuz und quer durch die Republik bis dann mal ein Auto fertig war. Schnell ist was Anderes - zeitweise 17 Jahre Wartezeit auf eines dieser Fahrzeuge sorgte nicht wirklich für zufriedene Kunden.

Mit der Übernahme durch Opel ist die Produktion auf die grüne Wiese umgezogen - endlich waren die Probleme abgeschüttelt, die das Wartburg-Werk immer belasteten

Es gab auch eine Sonderausstellung zur Fahrrad-Produktion bei Wartburg bzw. in Eisenach - hier wurden echte Panzer hergestellt - die Dinger sind so solide das man mit ihnen heute noch fahren könnte.

Als ich aus der Stadt die Steigung hoch schob kam ich unter der Karolinenbrücke durch - hier fällt auf das die Brücke erst 1944 fertig gestellt wurde. Der Stil ist eindeutig: Betonkonstruktion mit Natursteinen verblendet - eine bei Nazis beliebte Bauweise. Eigenartig nur, das mit Kriegsbeginn alle Bauten an Autobahnstrecken eingestellt wurden. Sie war für die Trasse der A4 gedacht und wurde tatsächlich noch 1944 für den Verkehr bis nach Eisenach frei gegeben. Vermutlich hing die späte Fertigstellung mit Propaganda zusammen. Die Baustellen für die Autobahnen waren ein gern genommenes Thema in den Wochenschauen. Machmal frage ich mich ob nicht viele dieser Baustellen deswegen aufgezogen wurden weil man Material für die Propaganda brauchte. eines meiner Themen sind ungenutzte Autobahnbrücken - die größtenteils aus dieser zeit stammen. Wenn man sie besucht, zeigen sie bemerkenswerte Konstruktionsmängel, die schon zur damaligen Zeit eine Nutzung infrage gestellt hätten.

Etwas versteckt, an der Bundesstraße Richtung Hötzelsroda gelegen: ein Soldatenfriedhof, aka: Kriegsgräberdenkmal - hier liegen knapp 358 deutsche Soldaten die alle im April 1945 gestorben sind - sie hatten Alter zwischen 65 und 15 Jahren - das klassische Mittelfeld zwischen 20 und 30 Jahren wurde nur sehr wenig geboten. Offensichtlich ein sogenanntes ‚letztes Aufgebot‘ - Kinder und Rentner, die den Ansturm der Amerikaner aufhalten sollten. Zu Ende des Krieges lag Thüringen in der Amerikanischen Zone. Die Menschen dort schätzten sich glücklich, hatte man doch unglaubliche Angst vor den russischen Soldaten gehabt. Die Verhältnisse änderten sich mit vertraglichen Einigungen die dazu führten das sich die USA aus Thüringen zurück zogen und an Russland übergaben.

Auf dem Rückweg zum Campingplatz noch die obligate Nahtod-Erfahrung während des Einkaufs bei Kaufland gemacht und ein paar Teile für Reparaturen am Velostudio im Baumarkt erstanden - das war der Tag.

Donnerstag, 22.08.24 - als Gefahrensucher unterwegs

Ich hatte mich gestern in eine Falle manövriert - der Weg zu der lauschigen Wiese auf der ich meine Nacht verbracht hatte war ein Feldweg, der so reichlich geschottert war das ich, als es mir auffiel, nicht hätte umdrehen und wieder zurück fahren können. Durch den Schotter ist die Bodenhaftung des angetriebenen Rades quasi nicht vorhanden. Der einzige Weg weg von dieser Wiese, zurück in die Zivilisation, ist ein quasi zugewachsener Hohlweg, der nur wenig breiter als mein Anhänger ist. Ich habe ihn gestern Abend abgegangen und Totholz weg geräumt das den Weg blockiert. Außerdem habe ich gecheckt ob die Büsche an beiden Seiten des Wegs flexibel genug sind um mich mit meinem Gespann durch zu lassen. Nicht, das das etwas an der Route geändert hätte, aber es macht ein gutes Gefühl, sich so was vorher noch mal anzusehen. Ich habe die komplette Strecke bis zur Bundesstraße abgegangen um mir einen Eindruck davon zu machen wie ich sie am besten bewältigen könnte. Mit viel Umsicht sollte es machbar sein.

Die Strecke habe ich mit meinem Gespann quasi im Schritttempo zurück gelegt. Ständig mit allem bremsend, was zu Hand war. Die Gefällestrecke, die sich dem Hohlweg anschloss war nicht minder spassig. Zwar nicht zugewachsen, aber mit Steinen unterschiedlichsten Kalibers ‚geschottert‘. Man kann auch sagen: mit Geröll gedeckt. Ein Starkregen hatte diesen Weg zur Hälfte weg gespült und tiefe, den Weg querende Rinnen hinterlassen, die es schwierig machten, darin nicht mit den Rädern hängen zu bleiben.

Zum Glück konnte ich das alles überwinden ohne das es zu Katastrophen kam. Ich hatte diese Strecke kurzfristig geplant ohne sie genauer unter die Lupe nehmen zu können - das war das Ergebnis!

Glücklich in Benterode angekommen klingelte ich bei einem Haus an der Tür um darum zu fragen das man mir meine Flaschen mit Wasser befüllt. Interessante Gegenfrage: ‚wirklich Leitungswasser oder soll ich ihnen besser richtiges Wasser geben‘ - nun, ja…

Willkommens-Graffitti in Eichsfeld

Ab Martinfeld folgte der Radweg der Werra bzw. dem ehemaligen Grenzverlauf. Im Gedenken an diesen geschichtlichen Bezug gab es diverse Hinweistafeln und Denkmäler zu besuchen. Da in Thüringen bald Wahlen sind konnte ich in den entsprechenden Orten diverse Level von inhaltsleeren Plakaten bestaunen - wobei tatsächlich SPD und Grüne sich noch zu konkreten und sinnvollen Botschaften hinreisen ließen. Den Rest konnte man von den Aussagen her komplett vergessen - Motto ‚sie kennen mich…‘

Hinter Frankenroda war die Brücke über die Werra gesperrt. Da bin ich bis Mihla auf der Landstraße gefahren. Hinter Mihla wurde noch mal die große Tüte Steigungen hervor gezaubert. Zwischen Bischofroda und Eisenach gibt es einen Höhenzug zu überwinden. Die Straße dort hoch hatte es in sich. Danach ging es nur noch bergab.

Mein heutiges Ziel: ‚Camping im Garten‘ - ein kleiner Campingplatz in Hötzelsroda liegt ganz in der Nähe von Eisenach. Hier habe ich ein sonniges Plätzchen auf der Wiese gefunden. Der Anhänger steht gut im Licht, so das er die Batterien während meine Aufenthalts gut aufladen sollte.

Das Velostudio, optimal zur Sonne ausgerichtet bei 'Camping im Garten' in Hötzelsroda bei Eisenach

Mittwoch, 21.8.24.

die Nacht habe ich lieber nobel im Gästezimmer bei Freunden in Göttingen verbracht als waghalsig im Velostudio hinter einem Gebüsch direkt an der mehrspurigen Ringstraße - und das war gut so!

Ein gemeinsames Frühstück sorgte für eine etwas spätere Abfahrt. Egal! Habe nicht vor, mich auf der verbleibenden Strecke hetzen zu lassen. Mein Weg führte mich recht entspannt über Friedland und Schönau. Unterwegs kam ich an einer ehemaligen Zollstation an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze vorbei. Die Baracke wurde in den fünfziger Jahren von kirchlichen Verbänden und dem roten Kreuz errichtet, um den Menschen, die damals aus der sowjetisch besetzten Zone nach Westen flohen, etwas Wärme, Nahrung und Trocknung zu bieten. Die Menschen gingen von dort aus erst einmal weiter ins Lager Friedland, etwa zehn Kilometer von hier. Mit der endgültigen Teilung Deutschlands versiegte auch der Flüchtlingsstrom. Das Gebäude wurde zur Zollstation umfunktioniert, obwohl hier wenig Verkehr über die Grenze lief. Heute ist es ein Ort der Erinnerung an eine Zeit, als Deutschlang geteilt war - allerdings war die Hütte zu als ich dort vorbei kam

Hinter Schönau fingen langsam die Steigungen an - auch richtige Steigungen. Auf dem Weg nach Kalteneber wurden meinem Gespann 14% präsentiert - da musste ich ordentlich mit trampeln und der Motor durfte auch zeigen was er so konnte. Es macht sich bemerkbar das das Übersetzungsverhältnis des Ersatz-Hinterrads gerade in den kleinen Gängen ungünstig für das zu ziehende Gewicht ist. In Kalteneber selbst gab es speziell für die Radfahrer dann och mal eine wesentlich happigere Steigung - da musste ich mich in mehreren Etappen hoch stemmen.

Hinter dem Ort wurde ich auf einen Feldweg geleitet, der sich besonders durch dick aufgetragenen Schotter auszeichnete und die Tatsache das der Weg sich zunehmend verschlechterte. Ich Beschloss, für heute mein lager auf dem Acker aufzuschlagen - um mich die restliche Strecke lang zu kämpfen hatte ich heute keine Nerven mehr - der Weg den es morgen zu überwinden gilt ist nicht viel breiter als mein Gespann selbst. Gottseidank geht es nur bergab - ob ich mich darüber freuen werde, kann ich ja morgen heraus finden.

der Übernachtungsplatz für heute - ein Acker im Nirgendwo

Heute gab’s Nudeln mit Tomatensauce und chilliges Blog-Schreiben mit Aussicht in die Natur. Die Solarzellen waren für die Nachmittagssonne gut genug ausgerichtet um die Batterien wieder von 51 auf 55 Volt hoch zu bringen. Das dürfte reichen um morgen Eisenach sicher zu erreichen.

Montag 19.08. / Dienstag 20.08.24

Heute Mittag ist endlich das Paket mit dem Controller angekommen. der Einbaut/Austausch gegen den alten controller lief einfacher als ich erwartet hatte so da gut eine Stunde das Fahrrad quasi repariert war. Die Programmierung des Controllers war ein bisschen kniffelig, da ich die Notizen, was da eingestellt werden sollte, leichte zuhause liegen hatte. Also habe ich aus den Gedächtnis etwas improvisiert.

two Bafang BBSHD controllers - one died a week ago - I have all my hopes pinned on the other one. in the background you can see the ebike on which the controller will be mounted

zwei Controller für den Bafang BBSHD-Motor - der Untere ist der Kaputte

Da der Controller erst gegen 14:00 bei mir eintraf, machte es aber keinen Sinn mehr, heute noch aufzubrechen. Ich habe stattdessen ein paar Einkäufe erledigt, mir schön Bratkartoffeln gemacht und ließ den Abend ruhig ausklingen.

Dienstag Morgen machte es mir die Baustelle neben dem Campingplatz leicht, zu gehen - ein Geruch verbrannten Plastiks waberte von dort aus über den Campingplatz - hier wird einem wirklich eine Menge geboten. Ein kurzes Frühstück, und die Sachen eingepackt. Dann wurde es spannend. Würde der neue Controller auch unter Belastung funktionieren? Ich hatte ein bisschen Bammel, das das Ding gleich auf der Wiese des Campingplatzes verrecken könnte. Immerhin hatte ich die letzten Wochen ja eine ganze Menge über die Verlässlichkeit von Technik lernen dürfen. Unter den interessierten Blicken eines Ehepaares das vor seinem Wohnmobil auf dem Stellplatz gegenüber frühstückte schob sich mein Gespann von der Wiese - ganz so als sei nie etwas gewesen. Ohne jegliche Mucken kam ich zur Rezeption, checkte aus und fuhr vom Platz - hier werde ich vorerst eine ganze Weile nicht mehr auftauchen.

Heute sollte mich meine Reise nach Göttingen führen - wenn alles klappt würde dort heute Mittag der Wandler eintreffen mit dessen Hilfe ich wieder 12 Volt im Velostudio haben würde.

Meine Strecke führte mich erst mal wieder zurück nach Hann Münden von da aus ging es nach rechts Richtung Göttingen. Hier wurde es recht interessant was Motor- oder Controller-Leistung an ging. Gut die Hälfte der Strecke hatte ordentliche Steigungen. Der Controller machte seine Arbeit wie er sollte - Motor und Aushilfs-Kettenschaltung auch. Lediglich ein Platten kurz hinter Hann Münden verzögerte meine Fahrt für eine halbe Stunde. Für die Reparatur campierte ich in der schattigen Einfahrt eines Hauses. Während ich an dem Schlauch zugange war kam ein Bewohner des Hauses heraus - der wollte ich in der Einfahrt mit ein paar Freunden treffen um eine gemeinsame Radtour zu machen. Er fragte mich ob ich etwas brauche - die Gelegenheit um sich die Wasserflaschen wieder voll machen zu lassen. Natürlich war ich langsam genug um die kleine Mannschaft kennenzulernen. Die mussten natürlich erst mal über den Anhänger und mein Rad fachsimpeln - ich hätte vielleicht doch wesentlich unauffälliger bauen sollen…

Sie sind dann aber doch los gefahren bevor ich alles wieder fertig hatte.

Ab der Hälfte verwandelt sich der Weg nach Göttingen in eine Gefällestrecke - da konnte ich dann mal ausgiebig meine Bremsen testen. Ich habe kurz vor Göttingen eine Gruppe Nandus in einem Gehege kurz vor Göttingen getroffen. Wir waren alle verhalten interessiert aneinander. Dan ging alles recht schnell. Gerade hatte ich mich noch an einer Kreuzung auf dem Zubringer nach Göttingen an einer Verkehrsinsel verheddert, so das es aussah als wenn ich dort nie wieder weg käme. Aber kurze Zeit später war ich schon mitten in der Stadt und hatte mein Ziel erreicht.

Ich war früh genug um heute noch den Wandler einzubauen und eine kleine Veränderung am Türschloss des Velostudios vorzunehmen, damit die Tür sich wieder richtig abschließen ließ.



Dienstag, 13.8.24 - auch das noch!

Es hatte in der Nacht etwas abgekühlt - aber nicht wirklich so viel das ich hätte angenehm schlafen können. Die Hitze hing über Kassel fest und es ging so gut wie kein Wind.

Ich schaffte meinen Start so das ich mit Öffnung der Rezeption um 8:30 vom Platz kam - heute sollte es bis nach Eisenach gehen. Ich wollte vor der Mittagshitze in bewaldetem Gebiet sein.

Tatsächlich hatte ich mich nur gute vier Kilometer vom Campingpatz entfernt als die Motorelektronik ohne Vorwarnung ausfiel. Gut, das ich gestern den extra als Austausch bestellen Controller wieder an Fasterbikes zurück geschickt habe. Den könnte ich genau jetzt sehr gut gebrauchen.

Ich konnte ich für eine Fehlersuche auf einem nah gelegenen Parkplatz in den Schatten stellen. Vielleicht war ja irgendwo der Strom zum Motor unterbrochen - aber die Messungen ergaben, das dies nicht die Ursache sein konnte. Also habe ich erneut bei Fasterbikes die beiden, für eine solche Störung infrage kommenden Teile bestellt und mich anschließend mit Muskelkraft zurück zum Campingplatz geschleppt. Inzwischen flutete die Mittagshitze an - das war ein großer Spaß!

Ich hatte nach dem Einchecken eben noch die Kraft, um alles aufzubauen, dann habe ich mich erst mal in meinen Camper verkrochen und geschlafen. Für heute Abend sind Unwetter angesagt, die hoffentlich Abkühlung bringen.

Da sind wir wieder in Kassel auf dem Campingplatz - und dieses mal für länger…

Die Zwischenbilanz meiner Fahrt ist katastrophal - über eine Woche wegen technischer Pannen verloren, mit denen ich nach der exzessiven Vorbereitung und den Testfahrten im Vorfeld nicht gerechnet hätte. Ich werde meine Reiseplanung und vor allem die Ziele sehr zurück stecken müssen und mich dabei sehr bemühen, mich nicht die ganze Zeit zu ärgern.

Montag, 12.8.24 - stirb wo Du willst (auf dem Weg nach Kassel)

Heute habe ich den frühen Wurm gemacht und rollte bereit um acht mit meinem Gespann vom Platz - es geht Richtung Kassel. Ich bewege mich auf der ursprünglich geplanten Route und schau mal was so geht, mit der Ersatz-Schaltung. Ich muss mich auf einen höheren Stromverbrauch an Steigungen einstellen da die zur Auswahl stehenden Zahnräder keine so hohe Übersetzung bieten wie die kaputte Schaltung. Daher komme ich an der einen oder anderen Stelle schnell mal auf 1000 Watt Unterstützung UND kann dazu noch fest in die Pedale treten.

kleiner Bremsentest gefällig? Um den Nervenkitzel zu erhöhen befindet sich am Ende des Gefälles eine 90 Grad Kurve…

Speziell die Radweg gekennzeichneten Strecken halten in Hessen die eine oder andere Überraschung bereit - zwar ist ein Großteil von Weser- und Fulda-Radweg geteert und im Prinzip gut befahrbar, aber der Unwillen zur Wege-Pflege ist ganz gut zu erkennen. Mit reichlich aufgestellten Schildern wird auf Schäden der Wegdecke, Verunreinigungen, Nässe und Rutschgefahr aufmerksam gemacht. Mein Liebstes sind die ‚Radfahrer Absteigen‘ Schilder, die im Wesentlichen auf ein Gefälle hin weisen bei dem man u.U. sein Fahrrad nicht mehr kontrollieren kann. Die Wege mit den größten Herausforderungen in punkto Gefälle sind natürlich unbefestigt und geschottert. Ich habe mir inzwischen angewöhnt, konsequent auf die Straße zu wechseln wenn ich einen knapp ein Meter breiten, geschotterten Pfad als Radweg verkleidet im Dickicht einer Mittelgebirgslandschaft verschwinden sehe.

Was findest Du geiler? Dich auf einer geschotterten Berg- und Talbahn mit Deinem Rad auf die Fresse legen oder auf der Bundesstraße von einem Zwölfachser überrollt werden?

In Hann Münden habe ich - aus Gründen - Ballast abgeworfen. In meinem Anhänger führe ich Dinge mit die ich überhaupt nicht brauche - drei Campinghocker für einen Hintern - eine batteriebetriebene Nostalgielaterne und noch so verschiedenen anderen Firlefanz. Da habe ich bei der Post in Hann Münden einen großen Versandkarton gekauft und den ganzen Plunder an mich zuhause geschickt. Sehr fröhlich-entspanntes Personal in der Post, die praktischerweise gleich im Bahnhofsgebäude liegt.

Wir sind zu schwer - Ballast abwerfen bei der Post in Hann Münden

Dann habe ich die Fundamentreste der ehemaligen Weserumschlagstelle in Hann Münden besucht. Es stehen heute nur noch die Säulen und Bögen aus Naturstein - früher ruhte darauf ein Verladekran der auf Schienen lief und ein mehrstöckiges Fachwerk-Gebäude das allerdings in den nuller Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen wurde. Mein aktueller Wissensstand ist das das Gelände nun in privater Hand ist und auf dem historischen Unterbau in Bälde ein Hotel errichtet werden soll.

die Fundamente der ehemaligen Weser Verladestelle

Ich war kaum mit meinen Fotos fertig, da näherte sich mir ein weisser Transporter mit jemandem der für die Sicherheit des Geländes verantwortlich ist. Gut das ich schon fertig war - ich konnte meine ordentlichen Absichten beteuern und machte mich vom Acker. Lustig ist, das die Strecke entlang der Ruine als Radweg gelistetet wird, was der Mensch auf des vehementeste bestritt. Ich packte meine Sachen zusammen während er den Wagen wieder vom Gelände bewegte. Hinter mir lief ein Jogger vorbei - dicht gefolgt von zwei Mädchen auf e-Rollern und kurz darauf ein Schuljunge auf einem Fahrrad. Ich kann jetzt den leicht verzweifelten Unterton des Menschen bei unserem Gespräch nachvollziehen…

Vor meiner Weiterfahrt habe ich noch die Eisdiele in der Hann Mündener Fussgängerzone besucht - ein Ort, der durchaus mit leer stehenden Geschäften glänzt. Darüber kann auch nicht die reichlich restaurierte Fachwerkarchitektur hinweg täuschen.

Von hier aus geht es die Fulda weiter Richtung Kassel - die Temperaturen hauen jetzt ziemlich rein - solange ich entspannt radeln kann streicht mir immerhin sowas wie ein kühler Wind über die Haut. Aber sobald es an Steigungen geht und die Geschwindigkeit nachlässt, hört der Spaß auf - Es ist einfach brütend heiss. Schade nur, das entlang der Strecke zwar reichlich Bänke und Liegemöglichkeiten aufgestellt sind, aber kaum welche davon sind beschattet. Da möchte sich niemand drauf aufhalten.

Wer sich Kassel nähert merkt dies am ehesten an den auffällig zahlreichen Rampen zur Überwindung von Straßen und Bahnlinien, die durchaus alpinistischen Feeling in die Tour bringen. Von der Tageszeit her wurde es mal Zeit, einen Campingplatz zu suchen. Es sollte der in den Fulda-Auen werden. Der Weg führte mich entlang autobahnähnlicher Ausfallstraßen und interessanter Baustellensituationen zu meinem Ziel - gottseidank passte mein Gespann überall durch.

Auf dem Campingplatz Temperaturen zum Schmelzen - Entspannung brachte erst der Abend.

Samstag 10.8.24 - der off-day

Den heutigen Tag werde ich zur Strukturierung nutzen - als Erstes bringe ich das Hinterrad zum DHL Shop in der dörflichen Tankstelle. Entgegen den Unkenrufen der Campingplatz Rezeption ist sie trotz der Schlammflut bei den Unwettern letzte Woche inzwischen wieder in Betrieb. Allerdings möchte DHL dem Betreiber der Tankstelle kein Geld in die Hand geben. Ich hätte vorher online eine Paketmarke kaufen sollen.

Also gondle ich wieder zum Campingplatz. Den Karton mit dem Hinterrad konnte ich in der Tanke stehen lassen. Im zweiten Anlauf mit einem QR-Code auf dem handy klappt’s dann. Ich hoffe, ich treff mein Hinterrad in Dortmund wenn ich wieder heim komme.

Ein paar Einkäufe im Dorfladen sollen mich am Wochenende vor dem Verhungern bewahren. Man stelle sich vor: der Tegut in Geiselwerder stand vor ein paar Jahren vor der Schließung und wurde nur durch das ehrenamtliche Engagement der ansässigen Bevölkerung gerettet. Kann ich nicht verstehen - der halbe Ort ist Campingplatz und bei meinem Einkauf stapelte sich die Kassenschlange ein mal der Länge nach durch den Laden. Der Ort selbst ist nicht wirklich winzig.

Für mein Kettenproblem habe ich mir eine Lösung einfallen lassen - gut, das auf dieser Welt an jeder Ecke Drahtkleiderbügel gibt - ich habe einem beim Müll des Campingplatzes gefunden und mit ihm einen Bügel gebogen der die Kette recht gut daran hindert, sich um das vordere Zahnrad zu wickeln wenn ihm danach ist. Es macht zwar lustige Geräusche, aber so kann ich mich trauen, das Rad auch mit Motorunterstützung zu fahren.

hier war die Wiese anscheinend interessanter für die Kamera. Etwas Unscharf erkennt man den Drahtbügel der die Kette davon abhält, sich auf das Zahnrad aufzuwickeln

Eigentlich hatte ich für heute eine Probefahrt mit dem neuen Setting angesetzt, aber ich musste dringend einen Mittagsschlaf machen. Die Disko gestern Abend hatte mich eine ganze Weile vom Pennen abgehalten. ich hoffe, sie machen heute Abend nicht schon wieder so was Lustiges.

So wurde die Erprobung der neuen Schaltung auf Morgen verschoben - das Ergebnis wird darüber entscheiden wie ich die für die Reise verbleibende Zeit sinnvoll nutzen werde. Vielleicht habe ich mich auch so entschieden weil ich mich davor fürchte das mein Plan nicht funktioniert, aber, nun, ja…

Campingplatzidylle

Ein bisschen nett vor dem Fahrradwohnwagen im Schatten zu sitzen und das Leben auf dem Campingplatz auf mich einwirken lassen kann ja auch mal schön sein. Die Leute vor dem Wohnwagen in meinem Rücken unterhalten sich mit anderen Campern über die immer häufigeren Unwetter hier in der Gegend. Auf einem anderen Campingplatz müssen sich nach einem Platzregen Szenen abgespielt haben in denen Menschen in ihrem Wohnwagen vom Wasser eingeschlossen waren oder auch mit dem Wohnwagen weg gespült wurden. Die Gruppe überlegt laut ob es noch eine so gute Idee ist, an der Weser einen Dauercamping-Platz zu mieten. Immerhin seien für die kommende Woche schon wieder Unwetter angesagt.

Wenn ich bedenke das viele Campingplätze direkt an Flüssen angelegt sind und das gerade die Plätze für die mit Zelt Reisenden und ‚nur eine Nacht Bleiber‘ sich meist an der niedrigsten Stelle solcher Plätze befinden, frage ich mich, anlässlich welcher Wetterlage ich wohl mit meinem Velostudio weg geschwemmt werde.

endlich mal stilvolles Essen: angekokelte Bratkartoffeln mit veganem Cordon Bleu - darin bin ich unübertroffen!

Freitag, 9.8.24: ein neuer Umwerfer

Nach dem Aufwachen eine SMS an die Räderei: Habt Ihr Schaltaugen für Fahrräder die nicht für Kettenwerfer vorgesehen sind?. Antwort: ja, so was haben wir.

Ich mache mich auf den Weg nach Bad Karlshafen - dieses mal auf den Resten meines Fahrrads. Damit die Kette auf dem Ritzel bleibt habe ich mir einen kleinen Trick mit einem Schraubenschlüssel einfallen lassen. Auf diese Art kann ich mich gut mit 17-20 km/h fortbewegen. Übrigens braucht es für die Strecke mit dem Rad eine dreiviertel Stunde (versus 3 Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln)

Kaugummi, Kabelbinder und Klebeband sind die wichtigsten Werkzeuge - und ein Schraubenschlüssel ;-)

Die Räderei macht um 14:00 auf - da während der Öffnungszeiten reger Kundenandrang herrscht, darf ich in der Werkstatt mein Fahrrad selbst so weit zerlegen das das mit dem Schaltauge geklärt werden kann. In einem erste Versuch wird nach einem passenden Schaltaugenersatz gesucht - Das Teil selbst ist inzwischen bei den meisten Rädern austauschbar. Allerdings gibt es über 130 verschiedene Typen - und meiner ist nicht in der Wühlkiste zu finden.

Zweite Lösung: ein kompletter Umwerfer für die Montage an Rahmen die kein Schaltauge haben - Das kommt meiner ursprünglichen Idee schon viel näher - und passen will er auch ganz super.

Nach 1,5 Stunden bin ich wieder aus der Werkstatt raus und mache eine Probefahrt - die Schaltung gehört noch ein bisschen eingestellt, aber anscheinend sind alle sieben Gänge da - wenn auch teilweise mit einer gruseligen Kettenlinie. Ich bin gespannt, wie sich das unter Belastung verhalten wird.

Auf dem Heimweg habe ich einen Karton zum Versand von Laufrädern unter dem Arm - so lässig, wie das eben mit einem solchen Trum geht. Ich möchte das defekte Hinterrad nicht mit mir herum schleppen sondern erst mal nach Hause schicken.

Das Rad lässt sich mit der improvisierten Schaltung gut fahren - allerdings will die Kette nicht immer geschmeidig vom vorderen Zahnrad runter. Je nach Winkel beim Verlassen des Zahnrads bleibt sie immer wieder mal auf dem Zahnrad hängen und wickelt sich auf - da muss ich mir noch was überlegen. Dieses Problem gab es vor der Kettenschaltung nicht.

Auf dem Heimweg bei der Fähre noch sechs Eier von mir inzwischen fast persönlich bekannten Hühnern mit genommen - die haben neben der Fähre einen Auslauf - und damit zur Belohnung eine lausige Spagetti Carbonara gebastelt. Am Campingkocher bin ich einfach unübertroffen…

In der nähe der Rezeption gibt es heute eine Scheunendisko - Als DJ wurde jemand engagiert der sonst als Ansager auf der Kirmes arbeitet - quatscht in jedes Lied mit sinnfreien Kommentaren rein und spielt genau keinen Titel annähernd aus. Das Publikum scheint begeistert - ich kann’s nicht verstehen.

Donnerstag, 8.8.24: ein neues Hinterrad

Nach dem Frühstück mit dem Rad an der Hand nach Oedelsheim geschoben. Dort sollte ich auf eine Fahrradwerkstatt treffen, die nur noch über Restbestände verfügte. Aber, in der Not muss ich nehmen was ich kriegen kann. Allerdings entpuppte sich das Hinterrad das ich als Ersatz einbaute als ‚bereits kaputt vor dem Einbau‘.

Radreparatur in Oedelsheim - auf diesem Foto ist noch kein neues Hinterrad in Sicht

Mittlerweile ist es kurz vor eins. Ich telefoniere mit der Räderei in Bad Karlshafen - dort hat man ein Hinterrad für siebenfach Kassette und Scheibenbremse auf Lager. Also mache ich mich mit Bus und Bahn auf den Weg dort hin. Mein zerlegtes Rad konnte ich in Oedelsheim stehen lassen

Ich sollte die Stärken des ländlichen ÖPNV mit voller Wucht kennenlernen. In Oedelsheim wartete ich 50 Minuten auf den Bus nach Gieselwerder - wär ich mal etwas eher an der Haltestelle gewesen. Der Busfahrer wollte von mir kein Geld haben - etwas irritiert nahm ich Platz.

In Gieselwerder wartete ich eine Stunde auf den Anschluss nach Bodenfelde. Auch der Busfahrer des zweiten Busses woltle kein Geld von mir. Da habe ich mal gefragt warum. Er antwortete mir das sie die Fahrten nach einem, ihm unbekannten Zahlencode verschlüsseln müssen wenn jemand bar zahlen wolle. Da er bis heute noch nicht heraus gefunden habe was der Code für eine Fahrt nach Bodenfelde sei und ihm den auch niemand mitteilen wolle, würde er auch darauf verzichten, Geld von mir zu verlangen. Außerdem hätte ich mich gerade über die Grenze eines anderen Verkehrsverbundes bewegt. Das mache alles noch viel komplizierter - nun, ja…

Der Bus konnte in Bodenfelde nicht bis an den Bahnhof ran fahren weil da eine Baustelle war. Auch wenn ich so schnell es ging zum Bahnhof lief, konnte ich dem Zug nur noch hinterher winken: eine weitere Stunde Warten auf den Anschluss. Am Ende sollte ich für die lächerliche Distanz von 14 Kilometern 3,5 Stunden unterwegs sein. Da hätte ich auch genau gut zu Fuß gehen können!

Der Fahrradhändler in Bad Karlshafen heißt ‚Die Räderei‘ - und hat nicht nur ein modernes Verkaufsprogramm sondern auch eine große Werkstatt in der nicht nur moderne Räder repariert werden. Sehr schnell war ein passendes Hinterrad für meine Zwecke gefunden und eine passende Kassette hat er auch noch zu liegen - inzwischen hat sich die Welt der Kettenschaltungen von der siebenfach-Kassette verabschiedet. Um so glücklicher war ich als ich mich mit meiner Beute zurück auf den Weg nach Oedelsheim machte.

Inzwischen hatte ich gelernt das ich als Anschluß auf den Zug auch ein Anruf Sammeltaxi buchen konnte. Für den lächerlichen Preis von 2,30€ wurde ich von Bodenfelde nach Oedelsheim gefahren - direkt im Anschluss an meine Bahnfahrt und innerhalb von nur 15 Minuten - das war traumhaft!

Im Räder Ein- und Ausbauen habe ich inzwischen Übung - das ging schnell. Eben noch die Schaltung eingestellt und dann konnte ich schon um 21:00 - quasi 12 Stunden nach Beginn dieser Aktion - wieder zurück zum Campingplatz fahren.

Weit bin ich allerdings nicht gekommen - nach etwa zwei Kilometern hat mir der Umwerfer das Schaltauge abgerissen - ich hatte keine Gangschaltung mehr! Nach ein bisschen Rumgefluche auf dem Acker irgendwo zwischen Oedelsheim und Gieselwerder habe ich den Umwerfer aus der Kette gelöst und die Kette auf eine Länge gekürzt mit der sie einigermaßen passend auf einem mittleren Gang der Kassette lag.

Mit der Anordnung konnte ich weiter zum Campingplatz fahren - allerdings ist mir bei dieser Anordnung alle Nasen lang die Kette weiter auf das nächstkleinere Ritzel gesprungen. Ich durfte mehrfach anhalten und die Kette zurück auf das richtigen Zahnrad legen.

Für schlechte Laune war ich zu müde - heute gab’s Pizza in der, dem Campingplatz angeschlossenen Restauration. Danach ausgiebig heiss Duschen und dann direkt in den Pennmodus.

Mittwoch, 7.8.24: Die Fahrt geht weiter

Ursprünglich war mein Plan ja, das ich bis Lauscha fahre und dort bei Freunden mein Gespann stehen zu lassen so lange ich den GayPride in Amsterdam besuche. Außerdem galt es noch, eine virtuelle Version der aktuellen Ausstellung im Torhaus zu programmieren.

Wegen des Getriebeschadens hat sich mein Timing verändert. Zwar ist das Getriebe jetzt wieder repariert, aber ich hätte es in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht bis Lauscha geschafft. So blieb das Velostudio in Bad Karlshafen stehen

Jetzt ist es Mittwoch, der 7. August, alle Arbeiten in Dortmund sind erledigt und ich befinde mich im Zug nach Bad Karlshafen. Ich werde dort zum Frühstück bei den Freunden eintreffen, die mein Gespann bei sich untergestellt haben.

Nach dem Frühstück wird sich zeigen ob die eine Woche in der Gegend herum stehen die Störung in der Motorsteuerung behoben hat. Vielleicht war es ja Feuchtigkeit die irgendwo eingedrungen ist und vielleicht hat diese die Zeit genutzt und ist inzwischen einfach verdunstet. Für den Fall das die Elektrik immer noch rum spinnt habe ich ein neues Bedienteil und eine neue Motorsteuerung im Gepäck, die ich vorsorglich bei Fasterbikes bestellt habe. Die Techniker war sich im Telefonat nicht sicher, welches der beiden Teile die Probleme verursachen könne. Da keine Fehlercodes angezeigt wurden vermutete er das Bedienteil als Schuldigen.

Hier wird gerade das Bedienteil für den Bafang BBSHD ausgetauscht

Als wir das Gespann von seinem Parkplatz holten zeigte sich sofort das das herum Stehen keine Veränderung bei der Elektrik gebracht hat. Vor meiner Abfahrt habe ich das Bedienteil getauscht. Dann lief alles wie gewollt. Jetzt war Zeit zum Ausbruch. Auf dem Campingplatz noch zwei Gasflaschen für meinen Kocher gekauft und dann ging’s los.

Es ist ein schönes Gefühl, mit einem reparierten und verstärkten Getriebe unterwegs zu sein. Ich verließ Bad Karlshafen Weseraufwärts auf einem Radweg, der parallel zur Straße verlief. Bei ziemlich heißen Temperaturen war ich froh das mein e-bike mit half, das Gespann vorwärts zu bringen.

Auf dem Weg nach Lippoldsberg hatte die Wegeplanung eine Steigung eingebaut die ich nicht nehmen konnte - das Hinterrad drehte durch. Ich musste mit zurück rollen lassen und diesen Teil der Strecke umgehen.

Nach Lippoldsberg überquerte ich die Weser mit einer Fähre - davon gibt es hier in der Gegend quasi bei jedem Ort eine. Bei diesem Ort gibt es im Wald eine ehemalige Industrieproduktion des zweiten Weltkriegs - das Paroxol-Werk. Dorthin machte ich mich an den Anstieg. Leider sollte ich dort nie ankommen da meine Schaltung versagte - ganz so wie vor einer Woche - und nach noch nicht mal 50 Kilometern Strecke.

Das war ein ziemlich deprimierender Moment. Immerhin waren bei der Reparatur ja leistungsfähigere Haltebolzen verbaut worden wie sie auch für Tandem und Lastenrad verwendet werden. Ein Anruf bei Rohloff ergab, das die Firma in Betriebsurlaub sei und vor dem 19. August dort niemand anzutreffen sei. - was nun?

Bei der Fähre gab es einen Campingplatz - den steuerte ich an - wo es abschüssig war, ließ ich mich rollen - wo das nicht ging musste ich schieben. Der Campingplatz entpuppte sich als Stellplatz für Wohnmobile - und dort wollte mich niemand haben. Der Betreiber selbst war nicht vor Ort, aber zwei Wohnmobil-Insassen bestanden sehr nachdrücklich darauf das ich den Platz verlassen solle da es sich um einexklusiven Stellplatz für Wohnmobile handle. Ich hätte das aussitzen können, aber die Stimmung an diesem Ort war so schlecht das ich mich schiebenderweise die 3,5 Kilometer nach Gieselwerder auf den Weg machte. Es war in der Hitze eine ziemliche Asterei. Ich hielt mich mit Gedanken bei Laune in denen ich Wohnmobile von den Fluten der Weser mitgerissen imaginierte.

Endlich in Gieselwerder angekommen erlebte ich auf dem Campingplatz einen warmen Empfang und bekam ein schönes Plätzchen, etwas erhöht an der Weser gelegen. Dort versicherte man mir das im Nachbarort jemand sei der eine super Fahrradwerkstatt betreibt - das hörte sich doch gut an.

Kaum hatte ich mich eingerichtet, begann es wie aus Eimern zu schütten - ich war richtig froh, in meinem fahrbaren Schloss zu sitzen und durch das Fenster argwöhnisch auf die Weser zu schauen, ob sie auch schön in ihrem Bett bleibt.

Two swans waddle across a campsite with a flock of young swans

Nach den Regen patroillierte eine Schwanfamilie den Campingplatz. Sie Suchten ein Plätzchen um gemeinschaftlich am Gras zu knabbern. Bei mir wurde es auch Zeit für’s Essen - Spagetti mit Tomatensauce - richtig einfallsreich.

Das war dann so etwa der Tagesverlauf den ich am allerwenigsten wollte - Ich denke, meine Pläne mit der Tschechei kann ich mir von der Backe putzen

Das Wunder 'Kundendienst'

Mit einem Auto versehen gurkte ich heute Morgen zu Rohloff nach Kassel - die Sitzen dort in einem Industriegebiet in Fuldatal. Als ich bei denen mit meinem Hinterrad durch die Tür kam Ging aus der Werkstatt auch schon jemand auf mich zu der sich als die Person entpuppte, mit der ich gestern telefoniert hatte.

Er nahm das Hinterrad an sich und meinte, ich könne in zwei Stunden vorbei kommen und das reparierte Rad wieder abholen - das war ja mal eine echte Überraschung!

Meine Schaltnabe mit der frei gewischten Seriennummer - vielleicht hätte ich sie öfters mal reinigen sollen…

Also schlug ich in einem Café ganz in der Nähe mein Lager auf und tat so als wenn ich Büroarbeiten am Laptop machen würde.

Tatsächlich klingelte zwei Stunden später mein Telefon, das ich das Hinterrad abholen könne.

Ein anderer Kollege übergab mir mein unglaublich sauberes Hinterrad (sie haben für so was eine Waschmaschine) und erzählte mir, das die Schaltung, bis auf die gerissenen Bolzen, in einem wirklich guten Zustand sei - man könne sehen das ich sie immer ausreichend geölt habe. Bei der Reparatur wären nun Alu-Bolzen eingesetzt worden und die Schaltung damit für Schwerlastbetrieb oder Tandem-Verwendung fit gemacht worden. Die ganze Reparatur wurde kostenfrei auf Kulanz durchgeführt - ich bin echt gerührt! Wir haben noch ein Foto für den Insta-Account von Rohloff gemacht und dann durfte ich wieder heim fahren.

Jetzt steht das Hinterrad blitzsauber und nicht mehr ölend in meiner Unterkunft und ich starre es jedesmal ehrfurchtsvoll an, wenn ich an ihm vorbei komme.

Am Montag, den 29.8. haben mich Freunde, die auch an diesem Wochenende in Bad Karlshafen anwesend waren, dort abgesetzt wo ich das Gespann zurück gelassen habe. Der Einbau des Hinterrads war eine Sache von einer halben Stunde. Die Elemente die das Drehmoment aufnehmen sind etwas knifflig zu montieren.

Das Rad hatte drei Tage auf die Lenkstange gestellt in der Gegend gestanden und in der Zeit einen ordentlichen Regenguss abbekommen. Als ich das Gespann wieder zusammen gebaut hatte, zeigte sich bereits das in die Elektronik des Rades Wasser eingedrungen war. Der Blinker Klickte ziellos in der Gegend herum. Ich fuhr erst mal los - wenn ich den Blinkerhebel betätigte funktionierte alles wie es sollte und außer dem Klick-Geräusch passierte nichts weiter wenn ich den Blinker nicht nutzte.

Jetzt hieß es erst mal, die Steigung, an der in ein paar Tage zuvor so glorios gescheitert war, zu nehmen. Das Fahrrad war dieses mal sehr Willens, aber auf der Länge der Steigung gab es einen Bereich, auf dem das Moos so rutschig war das das Hinterrad nicht fassen konnte. Ich musste mich tatsächlich etwas zurück rollen lassen und einen zweiten Anlauf an der Seite machen, wo kein Moos wuchs. Dann habe konnte die Steigung bis oben hin überwinden. Wirklich nicht zu verachte: 30% Steigung über einen Kilometer schnurgerade den Berg hoch - hier wird noch mit echten Trainingsimpulsen gearbeitet…

Die Rückansicht meines Gespanns auf dem Weg nach Bad Karlshafen bzw. kurz vor Beverungen

Nachdem diese Hürde geschafft war lief mein Weg über Felder und entlang einer ehemaligen Bahnstrecke. Allerdings kam noch ein neuartiges Problem dazu - die Steuerung für den Motor begann Probleme zu machen. Ich konnte mit einem Mal nicht mehr die Motorleistung dynamisch anpassen. Dafür musste ich das System jedesmal vom Strom trennen und bekam dadurch für ein paar Minuten Zeit, die Motorleistung einzustellen - sehr doof, das! Zu allem Überfluss schaltet sich die Steuerung immer wieder ohne Vorankündigung aus. Was soll ich machen - jetzt gilt es erst einmal, Bad Karlshafen zu erreichen. Immerhin hatte sich das Blinker-Relais im Laufe der Fahrt wieder gefangen.

Die Gefahren des Reisens sind vielfältig und häufig unvorhersehbar…

Kilometer machen nach Bad Karlshafen

Mal was Neues: richtig früh aufgestanden. Um sechs startete ich schon die Arbeiten um mich in einen herzeigbaren Zustand zu bekommen und um sieben hatte ich schon fast alles gepackt. Wieder habe ich die extra-Solarzellen aufgeschnallt - auch wenn die Batterien heute Nacht proppenvoll geladen wurden, sit die heutige Tour anspruchsvoll. Aus Paderborn heraus muss ich erst mal auf eine Hochebene und auf dem Niveau wird es immer wieder bergab und bergauf gehen.

Der Weg vom Campingplatz nach und durch Paderborn wurde von Komoot sehr straßenvermeidend geführt. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ich die Stadt wieder verlassen sollte, wurde ich durch Parkanlagen und die Lippe-Auen geführt. Morgens um Acht war noch nicht viel los in der Stadt - fast als wenn noch alles schliefe.

Mein Weg durch Paderborn - ziemlich viel Grün entlang der Lippe

Die pittoureske Romantik fand Ihr Ende als ich entlang einer Ausfallstraße den Anstieg aus Paderborn heraus nahm. Immer noch war das Bemühen erkennbar, gute Radwege zur Verfügung zu stellen - allerdings konnte ich nicht alle Routen so nehmen wie geplant, da Absperrungen eine Passage mit dem Anhänger beschränkten. 120cm Durchfahrtbreite werden bei den Barrieren nach wie vor kreativ umgesetzt…

Mein Gespann nahm den Weg auf die Hochebene langsam aber stetig und die inzwischen heraus gekommene Sonne sorgte für den Ausgleich der aus den Batterien entnommenen Energie. Ich kam gut mit 200 Watt Unterstützung die Steigungen hoch und natürlich auch wieder herunter - allerdings schien der Anhänger irgendwie auf der Straße zu kleben.

View of the plateau behind Paderborn. A mixed landscape with fields and forest. Many wind turbines can be seen on the horizon

hinter Paderborn führt eine Steigung auf eine Hochebene mit Feldern - dort gibt es auch jeden Menge Stromerzeugung durch Windkraft

An einer passenden Stelle habe ich erst mal mehr Druck auf die Reifen gebracht - von da ab rollte alles noch viel besser.

Ich bin gut über die Strecke gekommen und es sah alles danach aus das ich gegen 18:00 tatsächlich in Bad Karlshafen eintrudeln würde.

Ich war gerade durch die Ortschaft ‚Niesen‘ durch als ich an einer Steigung meine Reiseplanung ändern musste. Sehr schnell stieg der Weg über 30% und das Hinterrad rutschte durch - erst dachte ich das dies mit dem Moos auf der feuchten Strecke zu tun hatte, aber die Ursache war eine Andere - das Zahnrad an der Schaltnabe drehte auf seiner Halterung frei.

Also: erst mal das Gespann gedreht und die Steigung bis zu einer Stelle herunter rollen gelassen wo ich auf ebenem Grund zu stehen kam. Dann eine genauere Fehleranalyse. Das Ritzel saß fest in seiner Aufnahme und drehte mit der Halterung frei. Beim Drehen war ein leichter Widerstand zu spüren, aber den konnte ich mit der Hand überwinden. Ich versuchte, Kontakt mit Rohloff aufzunehmen um telefonische eine Fehleranalyse durchzuführen. Natürlich war der Empfang an der Stelle, wo ich mich befand, unterirdisch. Es bedurfte mehrerer Anläufe da die Leitung immer wieder zusammenbrach. Dann hatten wir klar, das in meiner Schaltung anscheinend die Haltebolzen für das Getriebe abgerissen waren. Die Beschreibung des Schadens ließ darauf schließen das ich eine Schaltnabe fuhr, in der Kunststoff-Bolzen verbaut waren. Ich fragte danach, ob ich die Nabe zur Reparatur vorbei bringen könne und tatsächlich meinte der Kundensupport das ich mit dem Ding gern vorbei schauen könne.

Anschließend habe ich bei den Freunden in Bad Karlshafen angerufen um ihnen von meinem Malheur zu erzählen. Wir spielten am Telefon verschiedene Lösungen für das aktuelle Problem durch - vermutlich hatte die Nachmittagshitze Anteil daran, das ich erst spät auf die Idee kam, das Gespann in den Ort zurück zu schieben, bei einem Hof zu fragen ob ich es ein paar Tage dort stehen lassen könne und dann nur das Hinterrad auszubauen. Mehr wurde ja nicht für die Reparatur gebraucht.

Zum Glück fand ich einen Platz für das Velostudio und befand mich eine Stunde später mit dem Hinterrad zwischen den Knien auf dem Weg nach Bad Karlshafen.

Eigentlich war dort nur eine Übernachtung geplant um anschließend nach Lauscha weiter zu fahren, wo mein Gespann eine Heimat finden sollte während ich einen Terminjob in Dortmund wahrnahm. Das musste ich nun alles anders planen: Reparatur der Schaltung in Kassel und abhängen in Bad Karlshafen bis ich zu meinem Job muss - da sage noch mal Einer das ich nicht spontan sei…

Ach, die Technik...

Früh aufgewacht und mich auf die Socken gemacht - nach der Erfahrungen von Gestern habe ich die Falt-Solarzellen zusätzlich auf die Rückseite des Anhängers geschnallt. Es war ein bisschen herum Probieren notwendig bis die Dinger einigermaßen da waren wo ich sie haben wollte.

Dann bin ich Richtung Rathaus Herzfeld losgezogen um am dortigen Brunnen meine Trinkflasche aufzufüllen. Dort angekommen konnte ich feststellen das der Brunnen kein Trinkwasser hat. Ich bin dann ins Rathaus gegangen wo ich gleich hinter der Eingangstür einen Wasserspender fand. An dem habe ich dann meine beiden Flaschen befüllt und bin zurück auf die Strecke.

Bzw. wollte ich zurück auf die Straße, konnte aber nach dem Befüllen der Wasserflaschen feststellen das die elektrische Verbindung zwischen Fahrrad und Anhänger nicht mehr richtig funktionierte. Ich öffnete den Verbindungsstecker und sah, das sich die Masse-Verbindung gelöst hatte. Als mein eigenes Werkstattfahrzeug hatte ich natürlich einen Lötkolben mit um das wieder anzulöten - das brachte aber keine Veränderung.

Eben mal die Leitungen zu messen sollte nicht klappen - das mitgeführte Multimeter hat beim gestrigen Regen offensichtlich Einen mit bekommen und will keine Messergebnisse mehr anzeigen.

Also musste ich erst mal ohne Lichtzeichenanlage weiter gondeln. Spätestens im Stadtverkehr von Paderborn würde das Fehlen von Blinker und Bremslicht zu Problemen führen.

Ein paar Kilometer weiter kam ich an einer kleinen Tankstelle mit Werkstatt vorbei. In der Werkstatt wuchtete gerade jemand ein paar Reifen aus. Der Mensch hat mir netterweise eine elektronische Prüflampe geliehen und ich durfte sogar unter dem Vordach herum lungern während ich nach dem Fehler suchte.

Dieser fand sich zum Glück schneller als erwartet: ich hatte im Anhänger an der Stelle wo die Verbindungsleitungen die Bodenwanne über Die Deichsel verlassen eine Sicherung eingesetzt die bei eventuellen Kurzschlüssen auf der Leitung die Elektrik schützen sollte - und das hatte sie offensichtlich getan als sich im Stecker die Masseleitung löste.

Das ich da mal vor drei Jahren eine Sicherung auf das Kabel gesetzt habe war mir in der Zwischenzeit völlig aus dem Sinn gefallen. Gut, wenn man in solchen Situationen merkt, das man da vor langer Zeit mal mit gedacht und richtige Schritte unternommen hat. Die Sicherung war tatsächlich durch gebrannt und konnte aus dem Fundus der mitgeführten Sicherungen ergänzt werden - dann lief wieder alles.

Prüflampe zurück gegeben, Etwas für die Kaffeekasse da gelassen und gut gut gelaunt zurück auf die Strecke.

Dieses mal bin ich konsequent mit einer Unterstützung von 200 Watt gefahren. Schließlich will ich nett zur Batterie sein bzw. nicht wieder in die Situation laufen das ich bis auf Null runter fahre und nach irgendwelchen Steckdosen suchen muss.

Heute liefs ganz gut mit der Fahrerei. Die Strecke bot keine besonderen Herausforderungen, es ging meist über gut angelegte Radwege und das Wetter war trocken.

Das Velostudio staht an einem Seitenarm der Lippe

Ich kam bis kurz vor Paderborn, wo ich auf dem Campingplatz ‚Lippeseen‘ einen Platz für die Nacht. Der Platz ist mit 35€ pro Nacht/Zelt/Stromzugang etwas teuer - dafür gibt es aber für die Radreisenden gut Infrastruktur an dem Ort, wo sie ihr Nachtlager aufschlagen: Eine Eingerichtete Küche mit Koch- und Spülgelegenheit, eine Sitzecke mit Tisch, Stromzugang und zwei Baderäume mit Dusche. Ist auch mal nett, nicht quer über den ganzen Platz latschen zu müssen, nur um sich mal Duschen zu können.

Heute habe ich dekadent in der Restauration des Campingplatzes abgehangen - und die Leute dort haben sich bemüht, die Dekadenz auf die Spitze zu treiben: dezent übertrieben zu große Teller für Essen das auch mit weniger Platz ausgekommen wäre, Cola in Weißweingläsern und Eiswürfel+Zitrone in einem Extra-Gläschen mit Löffelchen dazu. Tief in meinem Inneren hoffe ich das der nächste Campingplatz etwas rustikaler aufgestellt sein wird…

Der große Treck

Nach einigen Veränderungen im Timing dieses Jahres bin ich endlich aufgebrochen, mit Fahrrad und Velostudio eine Fotoreise zu machen. Ich möchte heure die Serie über vergessene Autobahnbrücken abschließen und habe mir als ‘Krönung’ der Reise eine Brücke in Tschechien ausgeguckt. Um dort hin zu kommen gilt es, nur 740 Kilometer zu überwinden.

Wie es die Tradition will, gibt es am ersten Reisetag Regen - und wie es sich für meinen privaten Roadmovie gehört, läuft natürlich nicht alles perfekt. Auf meinem Weg nach Unna stelle sich ein aufdringliches Schleifgeräusch aus Richtung des Anhängers ein. Anscheinend irgendwas im rechten Radkasten. Wenn der reifen irgendwo schleift, bedeutet das nicht nur vorzeitigen Verschleiß, sondern auch erhöhten Energieaufwand bei der Fahrt. So gab es bei einem Baumarkt in Unna einen außerplanmäßigen Halt bei einem Baumarkt. Im offenen Radkasten zeigt sich das blank gescheuerte Gewinde einer hervorstehenden Schraube - und passen dazu war das Profil des Reifens an der entsprechenden Stelle weg gerubbelt. Leider verleiht der Baumarkt keine Werkzeuge. So wurde die Reparatur durch eine frisch gekaufte Feile und hingebungsvollem Schrubben unter beengten Bedingungen durchgeführt. Nach einer halbe Stunde Gefeile war das Gewinde und ein Teil der darauf sitzenden Mutter herunter gefeilt. Der Einsatz hatte sich gelohnt - jetzt gab es keine nervenden Geräusche mehr. Leider hat mich die Reparatur zwei Stunden Zeit gekostet die ich mal besser gefahren wäre. Zusammen mit dem zu späten Aufbruch heute Morgen werde ich mein Tagesziel mit Sicherheit nicht erreichen. Aber, egal, jetzt geht es erst mal weiter.

Das nasse Wetter hat viele Schnecken auf die Wege gelockt und ich habe meine Not, zumindest die Schnecken mit Häuschen auf dem Rücken nicht platt zu fahren - eine ziemliche Herausforderung wenn man sich, so wie ich, auf drei Spuren bewegt. Auf dem Aleenradweg - einer ehemaligen Bahntrasse von Unna Königborn nach Welver hat sich bei einer kurzen Pause sogar eine kleine Weinbergschnecke für die Stelle der Kühlerfigur beworben :-)

eine kleine Weinbergschnecke sitzt auf dem vorderen Schutzblech meines Fahrrads

Kurz vor Welver bog mein Weg dann Richtung Lippstadt auf - von der Tageszeit her stellte sich die Frage, wo ich wohl die Nacht verbringen würde - wie das Handy behauptete, auf jeden Fall nicht auf einem Campingplatz, denn in bewegte mich gerade in ein Gebiet in dem es so gar keine Campingplätze gab.

in Herzfeld kam ich an einem Hof vorbei der damit warb das man dort Campieren könne - anscheinend eine Party-Location. Dort war aber weit und breit Niemand. Steckdosen hätte es wohl gegeben, aber die waren natürlich abgeschaltet. Auf dem Gelände fand ich verschiedene Klingeln zu Wohnungen, aber auf keine kam eine Reaktion. Das wenig sonnige Wetter hatte wenig Stromertrag gebracht und ich war zu allem Überfluss auch mit einer zu hohen Unterstützung durch das e-bike gefahren - so waren die Batterien kurz davor, sich abzumelden. Ich fuhr weiter in den Ort - vielleicht gibt es ja einen Wohnmobilstellplatz im Ort. Dort fand sich aber auch nichts. Direkt daneben war Hovestadt. Dort setzte ich meine Suche fort - auch hier nichts zu finden.

Zuletzt fragte ich bei einem Hof ob ich dort die Nacht über an eine Steckdose kann - leider ging es auch dort nicht. Aber der Mensch mit dem ich sprach beschrieb mir den Weg zu einem Hof, ganz in der Nähe, wo ich ganz bestimmt stehen und meine Batterien laden könne.

So batterieschonend wie möglich machte ich mich auf den Weg dort hin - mit nur 100 Watt Unterstützung war das eine ziemliche Asterei. Als ich gut eineinhalb Stunden später am Ziel ankam, stand ich wieder vor dem Spaßbauernhof in Herzfeld und natürlich war dort immer noch niemand. Mir blieb keine andere Wahl als mich vor dem Fahrradständer für die Nacht niederzulassen und auf das Erscheinen von Menschen zu hoffen. Im Internet konnte ich recherchieren das man dort Montags und Dienstag Ruhetag habe - Mir blieb die Hoffnung, ab dem nächsten Morgen an Strom zu kommen.

Spät am Abend kam tatsächlich eine Person zu dem Hof - die fragte ich um den Zugang zu den Steckdosen. Nach einem anfänglich recht feindseligen Gesprächsverlauf - es wurde erst mal davon ausgegangen das ich erwartete, den Zugang zum Strom umsonst zu bekommen, bekam ich dann tatsächlich gegen Zahlung der Gebühr für eine Übernachtung die Steckdosen frei geschaltet - aber, wie sich später herausstellte, nicht den Zugang zu den Toiletten. Na, ja, das ist ja alles eine Frage der Körperbeherrschung…