Freitag, 23.08.24 - in Eisenach und um Eisenach herum

Eisenach kannte ich aus meiner Vergangenheit eigentlich nur als Grenzstadt zur DDR am Fuße der Wartburg - und seit dem Mauerfall hatte ich sie noch nie besucht. Grund genug, hier einmal vorbei zu schauen. Ich habe mir für eine Stippvisite einen ganzen tag Zeit genommen. Nach dem Frühstück bin ich mit dem Rad in die Stadt gefahren und konnte sofort merken das Hötzelsroda zwar sehr nah bei Eisenach liegt, dafür aber deutlich höher! Die Gefällestrecke in die Stadt ließ mich ahnen, welche Freuden mir auf dem Rückweg bevorstehen würden.

Im Tal angekommen umfing mich das Flair einer alten Stadt mit mittelalterlichem Kern und Stadtvierteln die im Jugendstil und Neoklassizismus gegründet wurden. speziell das Zweite zeugt für eine wirtschaftliche Blüte und Reichtum der Stadt um 1910 herum. Hier gab es eine Autofabrikation und Fahrräder wurden hier auch gebaut. Eisenach besaß einen großen Bahnhof. Es war recht spannend, in der Stadt herum zu laufen und zu sehen wie sich die Bausubstanz in den verschiedenen Vierteln entwickelt hatte. Speziell im Villenviertel muss es in der Nachwendezeit einen Run von Investoren auf die Bausubstanz gegeben haben. Der Renner der Nachwendezeit: Sanierung von schützenswerten Altbauten mit günstiger, staatlicher Förderung - die Gewinne aus Vermietung oder Verkauf hat man sich dann selbst eingestrichen. Mitten in dem Villenviertel liegt ein Hotel, das es mit dem Verkauf an Investoren nicht so viel Glück hatte wie die Umliegenden Häuser. Das Hotel ‚Fürstenhof‘ - um 1900 im neoklassizistischen Stil erbaut fühlte sich offensichtlich mal zu Größerem berufen. Es wurde auch zu Zeiten der DDR als Hotel im Stattsbesitz genutzt und weiter entwickelt. Nach der Wende lief der Kasten durch die Hände eines oder mehrerer Investoren. Allerdings investierten die nichts, sondern ließen das Gebäude langsam aber sicher verfallen. Auch wenn die Stadt beteuerte, das es ihr ein Anliegen sei, den Fürstenhof zu erhalten, ist das anscheinend nichts weiter passiert. Inzwischen sind Teile des alten Gebäudes komplett eingebrochen bzw. die Etagen nach unten durchgesackt - jetzt kann der Laden nur noch abgerissen werden - was anscheinend auch zur Zeit eingeleitet wird. Der Komplex ist als Baustelle abgesperrt und es waren auch Fahrzeuge auf dem Gelände.

Die Innenstadt von Eisenach scheint nicht so sehr unter Leerstand zu leiden wie andere Orte in dieser Gegend. Die Stadt konnte sich ihr Kino erhalten und es gibt dort immer noch eine Autoproduktion, die inzwischen von Opel betrieben wird.

Wartburg war mir natürlich auch wegen des ‚Wartburg‘ bekannt - neben dem Trabant eine der bekannten Fahrzeugmarken der DDR. Es gibt auf dem Gelände der ehemaligen Wartburg-Werke ein Museum das sich der Automobilgeschichte des Standorts widmet.

Hier wurde kurz nach 1900 bereits der Dixie gefertigt - wie damals üblich, noch sehr an eine Kutsche erinnernd. Das Fahrzeug hatte einen Lizenzmotor aus England - der kam von Morris.

In der Weimarer Republik stieg BMW in das Werk ein - es entstanden gute und elegante Fahrzeuge. Mit dem Umstieg auf Kriegproduktion im ‚Drittten Reich‘ entstanden hier weniger glamouröse Fahrzeuge.

Nach der Teilung Deutschlands gab es gerichtliche Auseinandersetzungen mit BMW über die Verwendung des Namens, was dann zur Umbenennung des eisenacher Werks in EMW (Eisenacher Motorenwerke) führte. in den sechziger Jahren tauchte dann der erste Wartburg auf - eine sehenswerte Limousine die mit knapp 40 PS aus einem Dreizylinder Zweitakt Motor zur damaligen Zeit auf der Höhe der technischen Entwicklung stand. Der Motor war vergleichsweise leicht und auch das Fahrzeug selbst war gewichtsparend entwickelt worden. Im Lauf der Zeit gab es Weiterentwicklungen bei der Technik und der Karosserieform, aber der Wartburg teilte ab den siebziger Jahren dasselbe Schicksal das auch der Trabant zu tragen hatte: Obwohl die Ingenieure sich Gedanken um die Weiterentwicklung der Fahrzeuge machten und diese vor Allem auch zu wirtschaftlicheren Fahrzeugen geführt hätte, wurde an der Produktion nichts mehr groß verändert. Die Investitionen in neue Technik für die Produktion und auch ein Joint Venture mit Skoda scheiterte an den finanziellen Engpässen der DDR. Am Ende hieß es: ‚der Wagen ist ist doch gut, so wie er ist!‘ Erst eine Zusammenarbeit mit VW brachte einen Deal, der für die DDR wirtschaftlich zu stemmen war - es wurden Viertakt-Motoren von VW in Lizenz gefertigt. Die nötigen Maschinen gab es von VW gleich mit dabei. Die Investition wurde mit Motoren an VW zurück gezahlt. Allerdings kam diese Entwicklung nicht mehr so recht beim Kunden an. Einerseits war der Wartburg mit Polo-Motor überraschend teurer als die Variante mit Zweitakter. Andererseits war die DDR nur wenige Jahre später Geschichte.

Im Museum kann man einige Fahrzeuge bzw. Prototypen sehen die dieses Stadium nie verließen - es gab halt kein Geld für die nötigen Investitionen. Das Werk produzierte teilweise immer noch mit Maschinen aus der Vorkriegszeit und war von der Stadt so umschlossen war das es nicht weiter expandieren konnte. Der Wartburg wurde an verschiedenen Standorten der DDR produziert und halbfertige Fahrzeuge gondelten kreuz und quer durch die Republik bis dann mal ein Auto fertig war. Schnell ist was Anderes - zeitweise 17 Jahre Wartezeit auf eines dieser Fahrzeuge sorgte nicht wirklich für zufriedene Kunden.

Mit der Übernahme durch Opel ist die Produktion auf die grüne Wiese umgezogen - endlich waren die Probleme abgeschüttelt, die das Wartburg-Werk immer belasteten

Es gab auch eine Sonderausstellung zur Fahrrad-Produktion bei Wartburg bzw. in Eisenach - hier wurden echte Panzer hergestellt - die Dinger sind so solide das man mit ihnen heute noch fahren könnte.

Als ich aus der Stadt die Steigung hoch schob kam ich unter der Karolinenbrücke durch - hier fällt auf das die Brücke erst 1944 fertig gestellt wurde. Der Stil ist eindeutig: Betonkonstruktion mit Natursteinen verblendet - eine bei Nazis beliebte Bauweise. Eigenartig nur, das mit Kriegsbeginn alle Bauten an Autobahnstrecken eingestellt wurden. Sie war für die Trasse der A4 gedacht und wurde tatsächlich noch 1944 für den Verkehr bis nach Eisenach frei gegeben. Vermutlich hing die späte Fertigstellung mit Propaganda zusammen. Die Baustellen für die Autobahnen waren ein gern genommenes Thema in den Wochenschauen. Machmal frage ich mich ob nicht viele dieser Baustellen deswegen aufgezogen wurden weil man Material für die Propaganda brauchte. eines meiner Themen sind ungenutzte Autobahnbrücken - die größtenteils aus dieser zeit stammen. Wenn man sie besucht, zeigen sie bemerkenswerte Konstruktionsmängel, die schon zur damaligen Zeit eine Nutzung infrage gestellt hätten.

Etwas versteckt, an der Bundesstraße Richtung Hötzelsroda gelegen: ein Soldatenfriedhof, aka: Kriegsgräberdenkmal - hier liegen knapp 358 deutsche Soldaten die alle im April 1945 gestorben sind - sie hatten Alter zwischen 65 und 15 Jahren - das klassische Mittelfeld zwischen 20 und 30 Jahren wurde nur sehr wenig geboten. Offensichtlich ein sogenanntes ‚letztes Aufgebot‘ - Kinder und Rentner, die den Ansturm der Amerikaner aufhalten sollten. Zu Ende des Krieges lag Thüringen in der Amerikanischen Zone. Die Menschen dort schätzten sich glücklich, hatte man doch unglaubliche Angst vor den russischen Soldaten gehabt. Die Verhältnisse änderten sich mit vertraglichen Einigungen die dazu führten das sich die USA aus Thüringen zurück zogen und an Russland übergaben.

Auf dem Rückweg zum Campingplatz noch die obligate Nahtod-Erfahrung während des Einkaufs bei Kaufland gemacht und ein paar Teile für Reparaturen am Velostudio im Baumarkt erstanden - das war der Tag.