UFA

30.07.2015 - zehnter Tag - von Sachsenhausen an den Havelkanal bis nach Zehdenick - 50 Kilometer

Der Himmel begrüsste mich heute morgen grau - es war trocken. Vielleicht das richtige Wetter zum Besuchen der Gedenkstätte. Ich ließ meine Taschen im Zimmer und fuhr mit dem Rad herüber.

Das ehemalige Wohnhaus des Lagerverwalters - jetzt Begegnungsstätte und Jugendherberge

Wenn man in der Jugendherberge Sachsenhausen wohnt hat man das Privilleg durch ein Tor mit Zahlencode eine Abkürzung zur Gedenkstätte zu haben. Ich war so früh dort das noch so gut wie keine Leute unterwegs waren. Man kann sich mit oder ohne Audioguide auf dem Gelände frei bewegen und die verschiedenen Stationen anschauen.

Das Eingangsgebäude des Lager Sachsenhausen von der Lagerseite her gesehen

Ein Grossteil der Gebäude sind nicht mehr vorhanden. sie sind in dem Gelände durch geschotterte Felder gekennzeichnet. Man kann in den stehen gebliebenen und teilweise rekonstruierten Baracken Wissenswertes zur Entstehung und Geschichte des Lagers erfahren, die Bedingungen unter denen die Häflinge leben mussten, die Verflechtungen mit der Industrie, von den medizinischen Versuchen und von der Vernichtungsmaschinerie. Nicht zu vergessen auch die Geschichte des Lagers nach der Befreiung - wie alle Alliierten haben auch die Russen das Lager für ihre Zwecke zu nutzen gewusst.

Wansmalereien im Keller der Küchenbaracke des Lager Sachsenhausen

Aus der Zeit stammen auch die frisch restaurierten Wandmalereien im Keller der Küchenbaracke. Sie zeigen unter anderem Werke des Trickfilmzeichners Fischer-Kösen der als Mitarbeiter der UFA nach dem Krieg unter Verdacht geraten war. Sein Markenzeichen waren Gegenstände mit Gesichtern. Das Bild ganz rechts zeigt 'die Musterung der Mohrrüben' - es verbildlicht  die Untersuchung der Gefangenen darauf ob sie sich für den Arbeitseinsatz in den Lagern Sibiriens eignen
Man ist viel unterwegs wenn man das Lager erkundet. Die Anlage ist so weitläufig das man gut drei Stunden herumlaufen kann wenn man sich nicht zu tief mit den Themen befasst. Wenn man dann auf der Schautafel sieht das das Lager zu Ende des Krieges die dreifache Ausdehnung seiner heutigen Erscheinung hatte wird einem bewusst wie gross die Vernichtung an diesem Standort angelegt war.
Mich hat persönlich sehr betroffen das ein Grossteil der Menschen die hier medizinische Versuche aller Art an den Häftlichgen durchgeführt haben nach ihrem Unwesen dort recht unbehelligt und auch erfolgreich Karrieren in Medizin und Wirtschaft gemacht haben. Einige sind wohl angeklagt oder verurteilt worden - ihre Strafen sind, wenn sie überhaupt welche bekamen, nach kurzer Zeit wieder ausgesetzt worden.
Ich kam ziemlich erschlagen wieder in der Herberge an. Am liebsten hätte ich mich noch mal hin gelegt aber der Weg muss ja weiter gehen. Auch wenn ich die offizielle Zeit fürs Auschecken überschritten hatte musste ich keinen weiteren Tag Aufenthalt bezahlen - fein!

Also wieder die Schen and Rad geschnallt und in die Pedale getreten.

Um auf den Ostsee-Radweg zu gelangen musste ich von Sachsenhausen aus eine ganze Zeit lang in der Gegend herumgurken bis ich endlich wieder auf Kurs kam. Es gab in meiner Fahrrichtung anscheinend keine durchgehenden Straßen. Die Gegend nördlich von Oranienburg hat viele kleine, in den Fichtenwald eingebetteten Dörfchen deren Straßenverläufe  nicht unbedingt erkennen lassen wo es am besten wieder raus geht.

Als ich endlich auf den Ostsee-Radweg traf war das Landschaftsprogramm schlagartig ein anderes: er führt den Havelkanal entlang.

Der Havelkanal

Das Gelände ist flach und man hat die ganze Zeit Blickauf das beruhigende Gewässer und die Bötchen die darauf unterwegs sind. Der Radweg ist als Radstraße ausgebaut und es sind eine Menge Radfahrer auf ihm unterwegs. Ich traf sogar zwei Liegerad-Fahrer und auch eine Familie die ich tags zuvor noch in Sachsenhausen in der Herberge getroffen hatte.
Für heute endet meine Fahrt in Zehdenick, wo ich einen schönen Platz für mein Zelt direkt am Kanal gefunden habe.
Kleiner Tipp vom Besitzer der Wiese: keine Schuhe draussen stehen lassen weil sie sonst von den Bibern geklaut werden - Schuhfetischisten also...