2.7.2018: Utrecht-Sandfort-Haarlem-Amsterdam

In einem Scaterpark zu übernachten der auch noch einen Durchgangsweg beinhaltet bedeutet gewisse Risiken. Zum Beispiel das sich Holländer auf dem Heimweg in dem Park unbeobachtet fühlen und daher gern und laut falsch singen - zum Beispiel diese Nacht.
Und das es eben eine Scateranlage gibt die bis Mitternacht beleuchtet ist - was dann auch schon mal heißen kann das da jemand um halb zwölf noch schnell ein wenig auf dem Board in der Halfpipe entspannt - ich wusste zuerst das ‚Klock-Klock‘ überhaupt nicht zuzuordnen als ich davon was wurde. Ich dachte erst an einen Kühl-LKW dessen Tür fortwährend geöffnet und geschlossen wird.

Trügerische Idylle im Grünen...

Und dann scheint es auch so zu sein das die LKW-Fahrer in den Niederlanden, durch das flache Land verwöhnt, doch eher den Schaltbedarf an einer Autobahnaufahrt mit Steigung unterschätzen. Da wird dann gern erst mal der Motor so derartig in die Untertourigkeit geritten das er fast absäuft und dann hektisch durch die Gänge geschaltet um zum Abschluss mit heulendem Diesel den ‚Berg‘ zu meistern. Fünf Kandidaten für diese Technik habe ich heute Nacht entdeckt.
Als ich Morgens durch auf das Zelt herunterprasselnde Zweige erwachte weil eine Taube bei der Landung im Baum über mir die halbe Krone zerstörte fühlte ich mich ein bisschen knittrig. Das nächste mal versuche ich eine wilde Übernachtung auf einem Friedhof - da ist es wenigstens ruhig…
Die Plünnen und das Zelt eingepackt und auf der Bank bei der Halfpipe Stullen und heissen Tee aus der Thermoskanne gefrühstückt. dann ging’s los zum Wasserlinienmuseum bei Bunnik.
Es handelt sich um eines von vielen Forts die in den Niederlanden zur passiven Verteidigung des Landes gebaut wurden. Diese Bauten dienten dazu das Land kontrolliert zu fluten wenn ein Feind kommt. Knietief sollte das Wasser stehen - zu flach um darin mit einem Boot fahren zu können aber tief genug um im Schlamm stecken zu bleiben und in den dann unsichtbaren Wassergräben zu ersaufen. Anwendung fand diese Technik beim Angriff Napoleons auf die Niederlande. Er wurde erfolgreich aufgehalten. Allerdings hatte man nicht damit gerechnet das er bis zum Winter bleibt, dann alles gefriert und man über das eins laufen kann. Die Soldaten versuchten zwar noch durch Aufsägen der Einsflächen das eindringen der Armee zu verhindern aber es sollte nicht funktionieren.
Im ersten Weltkrieg reichte beim Feind Deutschland das bloße Wissen um die Wirkung dieser Technik um das zu dem zeitpunkt neutrale Land vor einem Überfall zu bewahren. Damals hieß es: ‚die Technik zur Überflutung des Landes ist unsichtbar‘.
Im zweiten Weltkrieg hat das mit den Forts nicht geklappt - die Zeit hatte die Technik überholt. Oder besser: Die Deutschen kamen mit Autos und Flugzeugen - viel zu schnell um vorher noch eben das Land mit Wasser voll laufen zu lassen.
Als sich das Ende des Krieges abzeichnete machte sich die abziehende Wehrmacht allerdings die Technik selbst zu Nutze und setzte das Land unter Wasser - der Invasion ließ sich dadurch nicht aufhalten aber die damals ohnehin sehr arme Bevölkerung der ländlichen Gebiete verlor durch die Flutung quasi ihre komplette Existenz  - wie auch schon bei den Flutungen der Vergangenheit. Diese passive Verteidigung forderte auch ohne Krieg enorm hohe Opfer und war daher bei den ‚Anwohnern‘ nicht beliebt.

Das Museum ist didaktisch unterhaltsam gestaltet - ein König aus Filz und andere Protagonisten der Geschichte erzählen und multimedial was es mit den Forts auf sich hat und es gibt neben anderen informativen Exponaten auch richtige Zeitzeigenaufnahmen die von den Flutungen berichten - das war sehr berührend.
Heute ist diese Technik eindeutig Geschichte - aber dadurch das bis in die siebziger Jahre ein Gesetz verbot das man näher als einen Kilometer an die Forts heran baut sind sie in dem intensiv genutzten Land jetzt wertvolle Naturzonen.
Ich machte mich weiter auf den Weg nach Amsterdam - da ich vorher noch Bunker bei Ijmuiden besuchen wollte machte ich den direkten Weg an die Küste - der Weg folgte dem alten Rhein - ein toller Radweg durch noch viel schönere Landschaft. Entlang des sehr ruhigen Gewässers ist alles sehr schön bebaut und macht einen verschlafenen Eindruck. Der Radweg verläuft die meiste Zeit direkt am Wasser.

Der Radweg am alten Rhein

Mit der Ankunft an der Küste war dann die Beschaulichkeit vorbei - Touristisch, eben. Ich wollte einem Weg die Küste entlang nach Norden folgen, aber die eine oder andere Baumaßnahme sollte mich zum Ausweichen zwingen. Mein Weg führte mich immer mehr ins Landesinnere Richtung Amsterdam bzw. von den Bunkern weg. Es wurde zunehmend später so das ich meinen Plan entnervt verwarf und direkt zu André und Marcels Wohnung fuhr - dieser Reiseabschnitt sollte hier erst mal ein Ende finden.