Eines der Hühner ist ein Junghahn - der hat heute Morgen ausdauernde
Kräh-Übungen gemacht - ein netter Typ, nur ein bisschen laut, ein
bisschen früh und ein bisschen ah an meinem Zelt. So'n Biowecker ist
toll wenn man mal wirklich früh wach werden will (also, wenn man
wirklich WILL!) Bei meinem Frühstück war ich nicht allein - Huhn saß mit am Tisch, war
dann aber doch zu schüchtern um sich selbst zu bedienen. Als ich meinen Plunder für die heutige Tour zusammen packte fragte
mich die Frau aus der Ferienwohnung nebenan ob ich nicht Lust auf
einen Kaffee oder Tee hätte. Damit war zwar der Traum vom Rausch der
Geschwindigkeit vorbei - aber einem Schwätzchen war ich bisher noch
nie abgeneigt gewesen. Außerdem konnte ich so einmal das Innere eines
solchen Camping-Schlosses in Augenschein nehmen. Das Innere erinnert
doch sehr viel mehr an ein richtiges Haus als an einen Wohnwagen - und
sie werden von ihren Besitzern als Ferienwohnungen - in der schönen
Jahreszeit aber auch schon mal als Dauerwohnsitz genutzt. Im Winter
sind sie wohl sehr schwer zu heizen, erzählte mir meine Gastgeberin
auf einen Nescafé. Bei strahlender Sonne und sommerlichen Temperaturen brach ich dann in
den Tag auf - Ich war vor meiner Reise ja vor einigen Gefahren
Schottlands gewarnt worden - vor der Sonne hatte mich aber niemand
gewarnt. Es wurde schnell ordentlichst warm und die Landschaft bietet
wenig Schatten. Durch mehrere Zusicherungen aus Gesprächen das auf dem
Weg nach Inverness alles flach sei konnte mich das Wetter aber nicht
schrecken - ich hatte die Rechnung ohne die Planer der Fahrradroute
gemacht. Es begann mit ein paar locker eingestreuten Hügelchen die ich
mit meiner Rudimentär-Schaltung noch gut bewältigen konnte. Dann kam
es zum ersten erzwungenen technischen Halt - mein Hinterrad hatte
angefangen zu schlingern - das Fahrrad ist schwer zu beherrschen wenn
das Hinterrad Schlangenlinien fährt. Wie sich herausstellen sollte
hatten sichj die Speichen gelockert - nicht ein bisschen, nein,
RICHTIG ordentlich. Ich konnte von Glück reden das sie noch in ihren
Schraubnippeln steckten. Ich zog die Speichen wieder an und setzte
meinen Weg fort - die Gegend wurde deutlich hügeliger. Nach fünf
Meilen der nächste erzwungene technische Halt - der Gepäckträger war
endgültig in sich zusammen gebrochen. Die Satteltaschen schleiften am
Boden - ich hätte sie genau so gut gleich auf der Straße hinter mir
her ziehen können. Also begann wieder die Bastelei mit Schnur und
Geduld. Es gelang mir leidlich die Halterung für die Taschen so weit
hoch zu kriegen das nichts auf dem Asphalt hing. Wo ich schon mal am
Basteln war konnte ich auch gleich noch mal die Speichen nach spannen
- sie hatten sich schon wieder komplett gelockert. Das musste alles in
gleißender Sonne statt finden weil es nirgendwo auch nur eine Hecke
oder einen Baum gab. Der Rest des Tages lässt sich eigentlich so zusammen fassen: alle
mindestens fünf Meilen wurde es erneut notwendig die Speichen zu
spannen da die Schraubnippel nicht vor hatten, sich auch nur im Ansatz
fest zu setzen wenn die Speichen gespannt waren. Man hätte Superkleber
mit nehmen sollen um sie zu Sichern - aber wer denkt denn an so was?
Der Gepäckträger gab sich alle Mühe, meine Reparaturversuche zu
sabotieren. Verschiedene Tricks kamen zum Einsatz - eine Zeit lang
wurden auch Stöckchen mit in des Konzept eingebunden - wobei es gar
nicht so leicht ist in Schottland Holz zu finden das nicht morsch ist.
Es bleib dabei - das Teil sackte hinten immer mehr in sich zusammen,
was mich kur von Inverness dazu veranlasste, ihn hinten an der
Sitzschale nach oben zu binden. Das wollte ich eigentlich verhindern
weil ich nicht weiss wie lange die Plastikschale einer solchen
Belastung stand halten wird, aber es war das letzte Mittel was zog.
Die sich lockernden Speichen hatten auch einen Trainingseffekt - ich
bin jetzt in er Lage an einem voll beladenen Fahrrad die Speichen
nachzuspannen und die Felge zu zentrieren - und das in 20 Minuten.
Nichts, was ich dringend erlernt haben wollte, aber die 37 Meilen ab
der ersten Panne zwangen mich häufig genug zu der Übung. Aus 'ich bin
am frühen Nachmittag in Inverness' war ein 'gottseidank habe ich es
dann doch um halb acht Uhr Abends geschafft' und aus meinen
ambitionierten Plänen, Thurso zu erreichen war Wohlgefallen geworden. Ich werde, auch wenn es mich fuchst, in Inverness meinen Treck
abbrechen müssen. Ich habe die ganze Zeit nach den ersten Ausfällen am
Gepäckträger darüber nach gedacht ob ich es mit dem Gepäck übertrieben
hatte. Es war sicher nicht wenig, aber vom Gewicht her doch eher eine
übliche Treckingbeladung. Die Gewichtsverteilung ist durch die
Konstruktion des Gepäckträgers eher ungünstig - das Gestänge muss die
gesamte Last tragen und alle Bewegungen der Federung kompensieren.
Nachdem sich jetzt das Gestänge an allen neuralgischen Punkten zerlegt
hat konnte ich eine unvermutet andere Ursache ausmachen: das gesamte
Rohr aus dem der Gepäckträger gefertigt war ist von innen heraus nach
allen Regeln der Kunst verrostet. Ich werde mir nach meiner Rückkehr
einen komplett neuen Gepäckträger bauen müssen - oder das Original für
(setzten sie hier einen Preis ihrer Wahl ein) in Amerika bestellen
müssen falls noch lieferbar... Im Youth-Hostel Inverness wartete wieder das Wunder des Schlafsaals
auf mich - sicher nicht so schillernd wie in Aberdeen - es sind nur
vier Betten...